Öl der Viscolüfter-Kupplung wechseln/auffrischen

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Folgend eine thematisch zusammenfassende Anleitung zur Wiederherstellung einer originalen Behr-Viscokupplung. Prinzipiell ist die Vorgehensweise aber auch auf jede andere Viscokupplung übertragbar.

Symptom

Der Viscolüfter läuft ständig mit und verursacht schon bei milder Außentemperatur deutlich hörbare Geräusche.

Ursache

Altert Silikon-Öl, steigt seine Viscosität - es verharzt. Der Kraftschluss innerhalb der Kupplung kommt ausschließlich durch das Öl zustande. Je höher dessen Viscosität, desto größer der Kraftschluss und desto schneller läuft der Lüfter. Durch Nachfüllen eines Öls tritt keine Besserung ein, denn auch zu viel Öl resultiert in einem höheren Kraftschluss (weil höherer Füllstand der Arbeitskammer) und ständigem Mitdrehen.

Mit dem folgenden Vorgehen konnte ich meinen Lüfter ruhigstellen und hatte anschließend im Nicht-Stadtverkehr sogar um 4-5 Grad niedrigere Kühlmitteltemperaturen, obwohl er selbst weniger Luft umsetzt. Eine mögliche Erklärung ist, dass der Lüfter ab einer bestimmten, zur idealen Kühlung ausreichend hohen Reisegeschwindigkeit eine höhere Last für den Motor verursacht hatte, als er durch den erhöhten Luftdurchsatz wieder wett macht.

Ergebnis: Getestet wurde bei Temperaturen zwischen 12 und 30 Grad im Stadtverkehr und Autobahn. Der Lüfter ist jetzt bei hohen Außentemperaturen von mehr als 25 Grad nur noch in dem Moment dezent hörbar, wenn beim Vollast-oder Kickdown-Beschleunigen nach dem Gangwechsel die Drehzahl wieder abfällt - so als ob der Lüfter der hohen Motor-Drehzahl minimal nachläuft, dabei aber akustisch unter dem Geräusch-Niveau des Motors bleibt. Zu jedem anderen Zeitpunkt ist nur der Motor wahrnehmbar, egal ob Fenster offen oder geschlossen, Anfahren oder konstante Überland- oder Autobahnfahrt.


Übersicht

Kurzbeschreibung Der Artikel beschreibt den Austausch des Öls im Viscolüfter.
Alle Positions- und Richtungsangaben erfolgen in Fahrtrichtung, sofern nicht weiter spezifiziert!
Schwierigkeitsgrad einfach mittel schwer Dauer
Hilfsperson keine Erleichterung unbedingt erforderlich 1-2 Stunden
Ressourcen Standardwerkzeuge Sonderwerkzeuge
  • Kotflügelschoner
  • Bremsenreiniger
  • Silikon-Öl mit einer Viscosität von 5000
  • Spritze (Apotheke, 35 Cent)
  • Gefäß für das Öl des Viscolüfters
  • Kreuzschlitzschraubendreher
  • Stemmeisen
  • Reißfeste Schnur
  • Innensechskant
  • Maul- oder Ringschlüssel SW10


Arbeitsfolge

Kupplung öffnen

  • Lüfter ausbauen: Dabei eine Befestigungsschraube (idealerweise die unterste) der Kupplung nur soweit lösen, dass der Lüfter rauskommt, die anderen drei entnehmen - das erleichtert den Wiedereinbau.
  • Die Plastik-Kappe, die die Bimetallfeder schützt, entfernen. Sehr wahrscheinlich ist sie nicht zur Wiederverwendung gedacht und die Haken zerbrechen. Die Kappe gibt es bei MB aber für rund 16 Euro neu. Einwandfreie Funktion ist auch ohne gegeben - es handelt sich hierbei um einen rein mechanischen Schutz des Bimetalls.
  • Liegt die Bimetallfeder frei, kann sie in der Haltevorrichtung verschoben und entnommen werden. Vorsicht: Halterung und Bimetall dürfen nicht verformt werden oder brechen. Darunter liegt ein Innensechskant, der die Kupplung verschließt.
  • Der Befestigungsflansch, der mittels 4 Schrauben (eine ist ja im Motorraum verblieben) die Kupplung mit der Wasserpumpe verbindet, dient zum Kontern des vorher genannten Innensechskants. Das geht beispielsweise mit einem Stemmeisen und einer Schnur, so dass man einen griffigen Hebel bekommt.


   Visko-01.jpg


Hier ist der Kranz mit den Flügeln entfernt, die Kupplung ist nun zugänglich.


   Viscoluefter-1.jpg


  • Ist die Schraube gelöst und der Bimetall-Halter abgenommen (man achte auf die kleine Nase auf dessen Rückseite und der dazu passenden Nut in der Kupplung), sieht man darunter eine Art Spange mit zwei Löchern. Das ist der Federmechanismus, der durch den Stift (der wiederum von der Bimetallfeder) angesteuert wird und den Übergang von Vorratsraum zu Arbeitsraum freigibt. Hier kann man auch mal seinen Finger reinstecken und etwas Öl aufnehmen. Die Konsistenz ist honigartig und zieht (fast) Fäden.


   Viscoluefter-2.jpg


Kupplung leeren, reinigen und befüllen

Das alte, "ausgehärtete" Öl muß raus.

  • Auswaschen der Kammern mit Bremsenreiniger: Das Silikonöl löst sich im Bremsenreiniger. Den Reiniger ins Gehäuse sprühen - die Vorratskammer gut füllen und Kupplung schwenken/schütteln, so daß sich Bremsenreiniger und Öl vermischen.
  • Lüfter in seine Arbeitsposition bringen (hochkant) und drehen - und zwar in die Richtung, in der er sich auch im Motorraum dreht, also in Fahrtrichtung gegen den Uhrzeigersinn. Man beachte den Widerstand, der anfangs (wie im eingebauten Zustand und kaltem Motor) beim Drehen des Lüfters herrscht. Je länger man den Lüfter dreht, desto geringer wird der Widerstand. Lüfter am Kupplungsflansch festhalten und das Reiniger-Öl-Gemisch herausschütteln. Vorgang wiederholen, bis sich der Lüfter durch leichtes Anstoßen widerstandslos frei dreht. Das alte Öl ist nun aus der Arbeitskammer herausgewachsen.


   Visko-02.jpg


Zur Verdeutlichung: Im Betrieb drückt die Bimetallfeder auf den darunter liegenden Stift und der wiederum auf den Verschluß (die im geöffneten Zustand sichtbare, federnde Klammer). Durch Erwärmung des Bimetalls biegt sich der Bimetallstreifen von der Kupplung weg, der Stift kann von der Klammer herausgedrückt werden und die Klammer gibt im Inneren die Öffnung zwischen Vorrats- und Arbeitskammer frei. Durch die jetzt freiliegende Öffnung unter der Klammer kann das Öl durch die Drehbewegung (auslösen des Pumpmechanismus) zwischen Vorrats- und Arbeitskammer zirkulieren und einkuppeln.


Visko-03.jpg


  • Kupplung austrocknen: etwa mit einem Fön, so daß sich der verbliebene Bremsenreiniger schneller verflüchtigt.
  • Einfüllen von 10 ml Silikon-Öl mit einer Viskosität von 5000 zwischen Vorratskammer und Klammer, also quasi einfach unten in das Kupplungsgehäuse. Silikon-Öl gibt es z.B. bei Conrad, 60-ml-Fläschchen Differential-Öl aus der Modellbauabteilung für rund 6 Euro.
  • Halterung des Bimetallstreifens wieder einsetzen: Auf Stift und Nut in der Kupplung achten! Innensechskant wieder festziehen, Bimetallstreifen einsetzen.
  • Lüfter einbauen. Eine Wartezeit in senkrechter Position ist (wie vielerorts von Auslieferungen neuer Kupplungen berichtet) nicht notwendig. Die genauen Gründe sind mir nicht bekannt, eine "Fehlstellung" des Öls durch vorher liegende Position der Kupplung ist aber nicht die Ursache dafür. Es fließt recht schnell in seine korrekte Position und sammelt sich unten in der Kupplung.

Anmerkung

Originale Füllmenge und Viscosität des Öls sind unbekannt. Bestimmen ließe sich zumindest die Ölmenge durch folgendes Vorgehen:

Bestimmte Menge Bremsenreiniger in Messbecher füllen. Öl auswaschen, Menge der entnommenen Mischung nach jedem Spülvorgang abmessen. Die Differenz ergibt die vorher enthaltene Menge Silikon-Öl. -> Das Ausschütteln des gelösten Öls bräuchte eine größere Schüssel, von der man in einen Messbecher umfüllen kann. Da bei jedem "Umfüllen" (Kupplung -> Wanne -> Messbecher) Reste verbleiben, wird diese "Messung" nicht auf den Milliliter genau sein. Zudem ist Bremsenreiniger flüchtig, wenn auch dieser Faktor mit gelöstem Öl weniger stark ins Gewicht fällt.

Macht der Lüfter nach der Frischzellenkur immer noch zu viel Lärm, war die Füllmenge zu groß (bei angegebener Viscosität von 3000). Dann Vorgang wiederholen. Dreht er auch bei Hitze und Last nicht hoch, zu gering, einen Milliliter Silikon-Öl nachfüllen.

Viel Erfolg!


Diese Anleitung wurde freundlicherweise von Christian Träger zur Verfügung gestellt.