Vorderachse Grundeinstellung

Aus Wiki zur Mercedes Baureihe W126
Wechseln zu: Navigation, Suche


Einleitung

Dieser Artikel beschreibt wie man eine Grundeinstellung der Vorderachse vornehmen kann. Das kann manchmal notwendig werden, wenn man z.B. die Vorderachse komplett überholt hat, alles dementsprechend auseinander war und nun alles wieder zusammen gebaut werden muss. Es befreit einem nicht davon, am Ende eine entsprechende Achsvermessung und Einstellung bei einem Fachbetrieb vornehmen zu lassen.
Eine Grundeinstellung wird in drei Schritte und in dieser Reihenfolge(!) vorgenommen:

  • 1. Nachlauf über die Schubstange der Bremsabstützung.
  • 2. Sturz über die Exzenter-Schraube des unteren Querlenkers.
  • 3. Spur über die Spurstange.

Sind die Werte nicht in Ordnung, hat das erhebliche Nachteile auf die Fahreigenschaften des Fahrzeugs. Bemerkbar wird das unter Anderem durch:

  • ein schief stehendes Lenkrad, obwohl das Auto noch geradeaus fährt (ungleicher Sturz).
  • ein gerades Lenkrad, obwohl das Auto ständig nach einer Seite zieht (ungleiche Spur).
  • eine starke Abnutzung der Vorderreifen auf der Innenseite der Lauffläche (Spur zu eng).
  • eine starke Abnutzung der Vorderreifen auf der Außenseite der Lauffläche (Spur zu weit).

Übersicht

Kurzbeschreibung Dieser Artikel beschreibt wie man eine Grundeinstellung an der Vorderachse vornehmen kann, die Angaben beziehen sich auf Fahrzeuge der Serie II.
Alle Positions- und Richtungsangaben erfolgen in Fahrtrichtung, sofern nicht weiter spezifiziert!
Schwierigkeitsgrad einfach mittel schwer Dauer
Hilfsperson keine Erleichterung unbedingt erforderlich ca. 2 Stunden
Ressourcen Standardwerkzeuge Sonderwerkzeuge
  • Keine erforderlich
  • Steckschlüssel/Ratsche Nusskasten
  • Ring-/Gabelschlüssel SW 12, 13 und 19
  • Stecknuß SW 24
  • Drehmomentschlüssel
  • Fixierschraube für das Lenkgetriebe
    (116 06 21 01 14) oder Selbstanfertigung.
  • Kleiner Laser-Wasserwaage


Nachlauf

  • Das Fahrzeug auf ebenen Boden abstellen, Zündschlüssel stecken lassen, Wahlhebel auf "N".
  • Alle Angaben rechts wie links ausführen!
  • Vorderräder geradeaus! (Ungeachtet, ob nun das Lenkrad möglicherweise schief steht.)
  • Mit einem Stecknuss SW 24, die Exzenter-Mutter am unteren Querlenker Lösen (nur Lösen, nicht entfernen).
  • Klemmschraube der Schubstange der Bremsabstützung (SW 13) lösen.
  • Am Hinterrad die senkrechte Linie ermitteln, die genau mittig durch das Rad verläuft und am Boden anzeichnen.
  • Am Vorderrad die senkrechte Linie ermitteln, die genau mittig durch das Rad verläuft und am Boden anzeichnen.
  • Abstand zwischen beide Markierungen am Boden messen und mit der Tabelle vergleichen.
  • Mit einem SW 19 Gabelschlüssel die Schubstange an der Bremsabstützung derart verkürzen oder verlängern, daß das Einstellmaas (Tabelle) erreicht wird.
  • Achtung! Da das verstellen der Schubstange auch einen direkten Einfluss auf dem Sturz hat, ist es zwingend notwendig die Exzenterbolzen zu lösen!
  • Um nach dem Verstellen zuverlässige Werte messen zu können, das Fahrzeug vor jeden neuen Messvorgang ein paar mal vor und zurück rollen (Hilfsperson).
Fahrzeug Radstand
260SE, 300SE, 420SE 2935
500SE, 560SE 2930
420SEL 3075
500SEL, 560SEL 3070
420SEC 2850
500SEC, 560SEC 2845

Sturz

  • Das Fahrzeug auf ebenen Boden abstellen, Zündschlüssel stecken lassen, Wahlhebel auf "N".
  • Alle Angaben rechts wie links ausführen!
  • Vorderräder geradeaus! (Ungeachtet, ob nun das Lenkrad möglicherweise schief steht.)
  • Arbeiten für den Nachlauf sind beendet.
  • Die Mutter des Exzenter-Bolzens wurde bereits gelöst.
  • Der Exzenter-Bolzen hat an der Vorderseite (da wo die Mutter aufgeschraubt ist), eine Querlinie und eine Aussparung (Kerbe). Diese Querlinie soll Horizontal stehen, die Kerbe nach oben zeigen. Wenn nicht, am Kopf des Bolzens mit einer SW 24 Stecknuss selbiger so verdrehen, daß die Linie Horizontal steht.
  • Das Fahrzeug ein paar mal vor und zurück rollen (Hilfsperson). Dieser Vorgang nach jeder Messung wiederholen.
  • Wasserwaage senkrecht und mittig an der Felge halten, die Wasserwaage soll nur am Felgenrand (oben und unten) aufliegen! Notfalls unter bauen.
  • Die Libelle soll mittig stehen. Ist das der Fall, ist der Sturz "0".
  • Steht die Libelle nicht mittig, den Exzenter-Bolzen entsprechend verdrehen.
  • Dreht man die Linie auf dem Kopf des Bolzens (zum Rad zeigend) hoch, geht der Sturz in Richtung Negativ (die Räder stehen schräger, dabei unten breiter).
  • Dreht man die Linie auf dem Kopf des Bolzens (zum Rad zeigend) herunter, geht der Sturz in Richtung Positiv (die Räder stehen schräger, dabei unten schmaler).
  • Erwünscht ist einen Sturz "0", ein leichter negativer Sturz bis zu -1°50" ist tolerabel vor allem bei Fahrzeuge die (wenn auch dezent) tiefer gelegt sind.
  • Bei tiefergelegten Fahrzeuge ist einen Sturz "0" oft nicht mehr zu erreichen, hier muss/kann ein leicht negativer Sturz in Kauf genommen werden.
  • Das Ergebnis soll links wie rechts möglichst gleich sein!
  • Mutter des Exzenter-Bolzens SW 24 mit 180 Nm festziehen.
  • Wichtig! Um Torsionsspannungen zu vermeiden, muss das Fahrzeug auf allen 4 Räder stehen bevor die Mutter des Extenterbolzens festgezogen wird.

   Querlinie und Kerbe am Exzenterbolzen  Querlinie und Kerbe am Exzenterbolzen.

   Negativer Sturz  Sturz vorne links mit negativer Tendenz.

Spur

  • Das Fahrzeug vorne so aufbocken, daß beide Vorderräder frei in der Luft hängen, Zündschlüssel stecken lassen, Wahlhebel auf "N".
  • Alle Angaben rechts wie links ausführen!
  • Arbeiten für den Nachlauf und Sturz sind beendet.
  • Die Mutter des Exzenter-Bolzens wurde mit 180 Nm wieder festgezogen.
  • Lenkrad mittig drehen.
  • Stopfen am Boden des Lenkgetriebes SW 12 entfernen und Fixierschraube eindrehen.
    • Sollte der Stift der Fixierschraube nicht in die dafür vorgesehene Aussparung im Lenkgetriebe hineinpassen, am Rad ein- oder auslenken bis die Aussparung passend ist und die Fixierschraube sich eindrehen lässt. (Das Lenkrad steht nun nicht mehr gerade!)
    • Um das Lenkrad wieder gerade auf dem Lenkspindel zu bekommen, muss es abgenommen und neu aufgesetzt werden.
    • Airbag Lenkrad Abnehmen oder Lenkrad Abnehmen
  • Alle Klemmschrauben der Spurstangen lösen (SW 13).
  • Laser-Wasserwaage mittig auf der Felge des Hinterrades anbringen (Hilfsperson).
  • Brettchen oder ähnliches im rechten Winkel auf der Felge des Vorderrades anbringen.
  • Dort wo der Laserpunkt auf das Brettchen fällt einen strich machen.
  • Auf 1,4 cm neben diesem Strich, nach Außen zeigend, einen zweiten strich machen.
  • Brettchen mit den beiden Strichen im rechten Winkel auf der Felge des Hinterrades anbringen (Hilfsperson).
  • Laser-Wasserwaage mittig auf der Felge des Vorderrades anbringen, der Laserpunkt soll nun auf dem zweiten strich eingestellt werden.
  • Steht der Laserpunkt zu weit nach außen, Spurstange so lange verdrehen, bis der Laserpunkt nach innen wandert und deckungsgleich mit dem zweiten Strich wird.
  • Steht der Laserpunkt zu weit nach innen, Spurstange so lange verdrehen, bis der Laserpunkt nach außen wandert und deckungsgleich mit dem zweiten Strich wird.
  • Ist diese Einstellung erreicht, ist die Spur "0".
  • Für einen besseren Geradeaus-lauf ist eine leicht enger gestellte Spur erwünscht, der Laserpunkt kann und soll dann leicht außerhalb des zweiten Striches stehen (0°10" bis 0°15").
  • Fixierschraube am Boden des Lenkgetriebes SW 12 entfernen und Stopfen wieder eindrehen.
  • Alle Klemmschrauben, auch die der Schubstange(!) wieder festziehen (20 Nm), Fahrzeug auf den Rädern stellen.
  • Probefahren und einen Termin zum professionellen einstellen der Spur machen!

Einstellwerte

Nachfolgende Werte sind Einstellwerte, die sich in der Praxis bewährt haben, sie können durchaus geringfügig von den offiziellen Werten, wie sie z.B. im WIS hinterlegt sind, abweichen. Der empfohlener Sturz von -1°30" bezieht sich auf einem um 40 mm tiefer gelegtes Fahrzeug.

Vorderachse Wert Empfohlen
Nachlauf 9°15" bis 10°15" 10°00"
Sturz 0°00" bis -1°50" -1°30"
Spur 0°10" bis 0°20" 0°10"

Die in der Tabelle empfohlene Werte sind die Ist-Werte eines 560SE, der mit diesen Werte weit über 100.000 Km gefahren wurde, ohne, daß dabei einen signifikanten Abrieb/Verschleiß an den Reifen festzustellen war.